Der Kernser Stefan Ettlin wird in Grosswangen erstmals Schweizer Meister im Nationalturnen. Grosses Pech ereilt einen Lokalmatador.

Stefan Ettlin lässt sich nach seinem Sieg feiern. Bild: Corinne Glanzmann

Der 22-jährige Stefan Ettlin gibt gegen Ende einer langen Saison noch einmal Vollgas. Nach seinen Ferien in Griechenland kehrte der Kernser mit viel Elan nochmals auf den Wettkampfplatz zurück. Er liess sich in Grosswangen erstmals als Schweizer Meister im Nationalturnen feiern. «Dieser Erfolg ist für mich zum Saisonabschluss ein Riesenaufsteller und gleichzeitig eine grosse Genugtuung für den verpassten eidgenössischen Kranz in Zug», strahlte Stefan Ettlin über das ganze Gesicht.

Dabei stand der beruflich als Fassadenbauer tätige Obwaldner vor einer kniffligen Aufgabe. Nur ein Sieg im Schlussgang der Königsklasse brachte ihn noch auf das oberste Podest. Er musste beim unberechenbaren Kontrahenten Jeremy Vollenweider nochmals an seine Grenzen gehen. «Mein Gegner liess sofort die Griffe los und diese Schwingweise passt mir überhaupt nicht. Deshalb änderte ich meine Taktik und griff jeweils nach dem Gut des Kampfrichters sofort an. Dies führte schliesslich im dritten Anlauf mit einem Kurz zum gewünschten Erfolg», resümierte Stefan Ettlin. Mit einem solchen Exploit hatten die wenigsten gerechnet, auch er selber nicht. Sein Ziel sei es gewesen, den Kranz zu holen. Das Wettkampfglück sei durch die vielen gestellten Kämpfe der Favoriten jedoch auf seiner Seite gestanden, und davon habe er profitiert. Den Siegerpreis, das Rind Alba, gab Ettlin auf dem Wettkampfplatz gleich wieder dem Züchter Armin Meyer zurück. «Ich weiss nicht, was ich mit dem Tier anfangen soll, zu Hause habe ich nur Platz für ein paar Hasen», scherzte der gelernte Landmaschinenmechaniker.

Nach Verletzung vier Kränze gewonnen

Ettlin gilt als kommunikativer, lebenslustiger und geselliger Typ. Mit viel Erfolg tanzt der 86 Kilogramm schwere und 184 cm grosse Athlet im Nationalturnen und im Schwingen auf zwei Hochzeiten. Im Alter von acht Jahren führte ihn sein Weg zur Nationalturnerriege Kerns. Stefan Ettlin stammt aus einer bekannten Schwingerfamilie und ist eine grosse Zukunftshoffnung der Schwingersektion Kerns. Neben den beiden Paradeschwüngen Kurz und Wyberhaken zeichnet sich der stets ­offensiv kämpfende Turnerschwinger durch seine Wendigkeit und Schnelligkeit aus. Erstmals lenkte Stefan Ettlin mit der Schlussgangteilnahme am Zuger Kantonalfest 2017 gegen Martin Grab die Aufmerksamkeit auf sich. Als sein bisheriges Highlight bezeichnet der trainingsfleissige und zielorientierte Jungspund den Gewinn des ersten Bergfestkranzes letztes Jahr auf der Rigi.

Nach einem Meniskusriss am linken Knie, Ende März dieses Jahres, fand Ettlin schnell wieder auf den Erfolgspfad zurück. Er gewann vier Kränze, welche für das Eidgenössische Schwingfest in Zug ein Versprechen waren. Beim Saisonhöhepunkt sei er nicht über den verpassten Kranz enttäuscht gewesen, sondern vielmehr über seine Leistung. «Die Erwartungen an mich selber waren wohl zu gross», zieht Ettlin daraus die nötigen Lehren für die Saisonplanung 2020.

Topfavorit Imhof auf Platz zwei

Nicht wie erwartet in die Entscheidung eingreifen konnte Andi Imhof. Der 35-Jährige blieb diesmal unter den Erwartungen. Nach dem gestellten Startduell gegen den späteren Sieger Stefan Ettlin im Schwingen verpasste der Turnfestsieger mit einem weiteren Unentschieden im Ringen gegen den defensiven Robin Straub den Schlussgang. «Klar hatte ich den Sieg im Hinterkopf. Die lange Saison hat ­sicher auch dazu beigetragen, dass der letzte Biss etwas fehlte», erklärte der Urner. Das nächste Jahr wird für ihn definitiv zur Abschiedstour.

Grosses Pech hatte der Lokalmatador David Wüest. Nach sechs Disziplinen lag der 19-Jährige mit einer starken Leistung völlig überraschend auf dem ersten Platz. Im siebten Durchgang verletzte sich der Grosswanger im Duell gegen Andi ­Imhof und musste mit dem Krankenwagen in das Spital Wolhusen eingeliefert werden. Von dort gab es Entwarnung. David Wüest hatte Glück im Unglück. Es wurde am rechten Oberschenkel ein Muskelanriss diagnostiziert, und so konnte er bei der Rangverkündigung mit der Brass Band Frohsinn mit seiner Tuba wieder lautere Töne von sich geben.

Simon Gerber, Bericht aus der Luzernerzeitung vom 23.9.2019

Rangliste auf: www.schlussgang.ch

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